AB: Besondere Geometrie-Aufgaben (3)

1.

Konstruktionen ohne Lineal: 1672 beschrieb der Däne Georg Mohr, wie man Grundkonstruktionen mit dem Zirkel allein (also ohne Lineal) durchführen kann. Mohr geriet aber in völlige Vergessenheit. Über ein Jahrhundert später erfand 1797 Lorenzo Mascheroni diese Konstruktionen neu. Erst 1928 fand ein Student das Buch von Mohr auf einem Flohmarkt, und daraufhin wurde Mohr als erster Erfinder der bis dahin nach Mascheroni benannten Konstruktionen gewürdigt. Hier zwei Beispiele aus dem Buch von Mohr:

a)

Konstruktion eines Quadrats:

Zeichnen Sie einen Kreis KM um M mit beliebigem Radius r. Wählen Sie A auf KM. Tragen Sie von A ausgehend und mit dem Radius r nacheinander auf dem Kreis KM die Punkte B, C und D ab. Schlagen Sie den Kreis KD um D mit dem Radius DB und den Kreis KA1 um A mit dem gleichen Radius. KD und KA1 schneiden sich in E. Schlagen Sie den Kreis KA2 um A mit dem Radius ME. KA2 und KM schneiden sich in F und in G. Zeigen Sie: AFDG ist ein Quadrat.

Wir wählen den Radius des zuerst gezeichneten Kreises KM als Längeneinheit. Dann werden die Eckpunkte eines regelmäßigen Sechsecks mit der Seitenlänge 1 durch Abtragen des Radius auf dem Kreis konstruiert. Eine Diagonale, die nicht durch den Mittelpunkt des Sechsecks mit der Seitenlänge 1 geht, hat die Länge √3. Das heißt \(\left| {\overline {DB} } \right| = \left| {\overline {AE} } \right| = \sqrt{3} \). Im Dreieck MAE ist \(\left| {\overline {MA} } \right| = 1\) und \(\left| {\overline {AE} } \right| = \sqrt{3} \). Nach Pythagoras ist dann \(\left| {\overline {ME} } \right| = \sqrt{2} \) und folglich auch \(\left| {\overline {FA} } \right| = \left| {\overline {AG} } \right| = \sqrt{2} \). Daher liegen die Punkte A,G, D und F regelmäßig auf KM verteilt (Abstand benachbarter Punkte √2) und bilden ein Quadrat.

Abbildung: Lösung A - Konstruktionen ohne Lineal

b)

Konstruktion des Mittelpunktes einer Strecke:

Zum Verständnis der Konstruktion sei nebenstehende Skizze gegeben. Die darin enthaltenen Punkte werden ab C in alphabetischer Reihenfolge konstruiert. Die Punkte A und B sowie die Strecke dazwischen sind gegeben. Zeigen Sie: Der Kreis um F mit dem Radius FA schneidet AB in ihrem Mittelpunkt.

Abbildung: Konstruktionen ohne Lineal

Zum Beweis der Richtigkeit der Konstruktion sind Hilfslinien erforderlich, die (weil es ja nicht um die Konstruktion geht) mit einem Lineal gezogen werden dürfen (siehe Abbildung). A, B und E liegen gemäß Konstruktion auf einer Geraden, und die Dreiecke AMF und AEF sind ähnlich (gleichschenklig mit einem gemeinsamen Winkel). Sei \( \left| {\overline {AF} } \right| \) = r der Radius des Kreises um A, dann gilt \( \frac{ {\left| {\overline {AE} } \right|} }{ {\left| {\overline {AF} } \right|} } = \frac{ {\left| {\overline {AF} } \right|} }{ {\left| {\overline {AM} } \right|} }\) oder \(\frac{ {2r} }{r} = \frac{r}{ {\overline {\left| {AM} \right|} } }\) und daher \(2\left| {\overline {AM} } \right| = \left| {\overline {AB} } \right|\).

Abbildung: Lösung B - Konstruktionen ohne Lineal

2.

Satz von van Aubel: Der holländische Mathematiklehrer Henri van Aubel veröffentlichte 1878 folgenden Satz:

Über den Seiten eines beliebigen Vierecks werden Quadrate konstruiert (die das Viereck nicht überdecken). Dann sind beide Strecken zwischen den Mittelpunkten gegenüberliegender Quadrate gleich lang und zueinander rechtwinklig (siehe Abbildung).

Abbildung: Konstruktionen ohne Lineal

a)

Beweisen Sie zunächst folgenden Hilfssatz: Über zwei Seiten des Parallelogramms ABCD werden die Quadrate DCEF und HADG errichtet. Dann sind die Dreiecke HAB und BCE kongruent und die Seiten HB sowie BE stehen senkrecht aufeinander.

Abbildung: Teil A - Konstruktionen ohne Lineal

Die Dreiecke HAB und BCE sind kongruent (Übereinstimmung in zwei Seitenlängen und dem schwarz gekennzeichneten Winkel dazwischen). Also ist \(\left| {\overline {HB} } \right|\; = \;\left| {\overline {BE} } \right|\). In den kongruenten Dreiecken HAB und BCE sind paarweise jeweils zwei Seiten senkrecht zueinander, nämlich HA zu BC und AB zu EC. Dann müssen auch die dritten Seiten senkrecht zueinander sein, nämlich HB⊥BE.

Abbildung: Lösung A - Konstruktionen ohne Lineal

b)

Beweisen Sie damit einen weiteren Hilfssatz:

Sei ABC ein beliebiges Dreieck und P und Q die Mittelpunkte der Quadrate über den Seiten \(\overline {AC} \) bzw. \(\overline {CB} \): Dann gilt für den Mittelpunkt M1 der Seite AB: \(\overline { {M_1}Q} \) und \(\overline { {M_1}P} \) sind gleichlang und stehen senkrecht aufeinander.

Abbildung: Teil B - Konstruktionen ohne Lineal

Das Parallelogramm ABCD aus a) wird umbenannt in M1M2M3C und die Seiten CM3 sowie CM2 werden auf das Doppelte verlängert zu \(\overline {CB} \) bzw. \(\overline {CA} \). Die Mittelpunkte der Quadrate über den Dreiecksseiten \(\overline {CB} \) bzw. \(\overline {CA} \) werden umbenannt in Q bzw. P. Dann bleibt alles aus dem Hilfssatz unter a) gültig.

Abbildung: Teil B - Konstruktionen ohne Lineal

c)

Beweisen Sie jetzt den Satz von Aubel unter Verwendung der folgenden Skizze:

Abbildung: Teil C - Konstruktionen ohne Lineal

Ergänzen Sie das Dreieck ABC zum Viereck ADBC. Die Mittelpunkte der Quadrate über den Seiten des Vierecks sind dann P, Q, P' und Q'. Die Dreiecke PQ'M1 und QP'M1 stimmen in zwei Seitenlängen (siehe oben) und dem eingeschlossenen Winkel α+90° überein. Sie sind also kongruent. Die Seiten PQ' und QP' sind gleichlang. Da in den kongruenten Dreiecken zwei Paare entsprechender Seiten senkrecht zueinander sind, muss für die dritte Seite gelten PQ' ⊥ QP'.

Abbildung: Lösung C - Konstruktionen ohne Lineal

3.

Harmonisches Mittel im Trapez

Gegeben ist ein Trapez mit seinen Diagonalen. Aus der Parallelen durch den Diagonalenschnittpunkt zu den parallelen Trapezseiten schneidet das Trapez eine Länge d = m + n heraus (siehe Abbildung). Zeigen Sie: d = m + n ist das harmonische Mittel aus den Längen der parallelen Seiten a und c, also \(d = \frac{ {2ac} }{ {a + c} }\).

Abbildung: Harmonisches Mittel im Trapez

Sei \( H = h_1 + h_2 \). Nach einem Strahlensatz gilt: \(\frac{ { {h_1} } }{m} = \frac{H}{a}\) und \(\frac{ { {h_1} } }{n} = \frac{H}{a}\). Folglich ist m=n. Danach gilt \(\frac{c}{n} = \frac{H}{ {H - {h_1} } }\) oder (1) \( H - h_1 = \frac{H·n}{c} \) und \( \frac{a}{n} = \frac{H}{h_1} \) oder (2) \( h_1 = \frac{H·n}{a} \).

(2) in (1) eingesetzt ergibt \( H - \frac{H·n}{a} = \frac{H·n}{c} \) und nach Division durch H: \( 1 - \frac{n}{a} = \frac{n}{c} \) und nach weiteren Umformungen schließlich \( \frac{1}{n} = \frac{1}{c} + \frac{1}{a} \). Die letzte Gleichung lässt sich zu \(n = \frac{ {ca} }{ {c + a} }\) umformen und wegen 2n=d gilt \(d = \frac{ {2ca} }{ {c + a} }\).

Abbildung: Harmonisches Mittel im Trapez

4.

Mittelpunkt einer Strecke ohne Zirkel: Der Mittelpunkt einer gegebenen Strecke AB ist nur mit Hilfe eines Geodreiecks, aber ohne Zirkel zu konstruieren.

Zeichnen Sie eine Parallele CD zu AB sowie die Diagonalen des Trapezes ABCD. Der Diagonalenschnittpunkt sei E. DA und CB schneiden sich in S. Die Gerade SE halbiert die Strecke \(\overline {AB} \). Zur Begründung dient der Anfang der Lösung zu 5.11.

Abbildung: Lösung Mittelpunkt einer Strecke ohne Zirkel

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