Anleitung zur Algebra (Leonhard Euler)

Eine ins Moderne übertragene Version von Leonhard Eulers Werk:

Anleitung zur Algebra
Erster Teil: „Von den verschiedenen Rechnungsarten, Verhältnissen und Proportionen“

Abbildung 1 Euler Anleitung Algebra
Abbildung 1: Euler Anleitung Algebra

Vorwort

Man überliefert hiermit den Liebhabern der höheren Rechenkunst ein Werk, davon schon vor zwei Jahren eine russische Übersetzung zum Vorschein gekommen ist.

Die Absicht des weltberühmten Verfassers den demselben war, ein Lehrbuch anzufertigen, aus welchem ein jeder ohne eigene Kenntnisse die Algebra leicht fassen und gründlich erlernen könnte.

Der Verlust seines Gesichts erweckte in ihm diesen Gedanken und durch seinen stets geschäftigen Geist angetrieben, zögerte er nicht, seinen Vorsatz umsetzen. Zu diesem Zwecke erwählte er sich einen jungen Menschen, den er mit sich aus Berlin zur Aufwertung genommen hatte und der ziemlich fertig rechnen kann, sonst aber nicht den geringsten Begriff von der Mathematik hatte: Er war seines Handwerks ein Schneider und gehörte, was seine Fähigkeiten betraf, zu den mittelmäßigen Köpfen. Dem ungeachtet hat er nicht nur alles wohl begriffen, was ihm sein großer Lehrer vorsagte und zu schreiben befahl, sondern er wurde dadurch in kurzer Zeit in die Lage versetzt, die in der Folge vorkommenden schweren Buchstaben-Rechnungen ganz alleine auszuführen und alle ihm vorgelegten algebraischen Aufgaben mit viel Fertigkeit zu lösen.

Dies preist um so viel mehr den Vortrag und die Lehrart des gegenwärtigen Werks an, da der Lehrling, der es geschrieben, begriffen und ausgeführt hat, ansonsten nicht die geringste Hilfe von irgendeinem anderen als seinem zwar berühmten, aber des Gesichts beraubten Lehrers genossen hat.

Außer diesem für sich schon großen Vorzug werden die Kenner besonders die Lehre von den Logarithmen und ihre Verbindung mit dem übrigen Rechnungsarten, so wie auch die für die Auflösung der kubischen und biquadratischen Gleichungen gegebenen Methoden mit Vergnügen lesen und bewundern. Die Liebhaber der diophantischen Aufgaben aber werden sich über den letzten Abschnitt des zweiten Teils freuen, in welchem diese Aufgaben in einem angenehmen Zusammenhang vorgetragen und alle zu ihrer Auflösung erforderlichen Kunstgriffe erklärt worden sind.